Eröffnet wurde der Abend von den krankheitsbedingt zum Duo geschrumpften, 1994 unter dem Namen CARPE DIEM gegründeten FAQ (sprich: „eff-ei-kju“), die dem ein oder anderen bereits aus dem Vorprogramm von DE/VISION, APOPTYGMA BERZERK oder QNTAL bekannt sein dürften. Wer bis dahin glaubte, „Elektronische Musik und Akustikshow? Das geht nicht zusammen!“, wurde umgehend eines besseren belehrt. Nur mit Akustikgitarre, Synthesizer und dem streckenweise stark an Brian Molko erinnernden Gesang Philipp Noirjeans gelang es den beiden Schweizern, die Zuhörer auf eine Reise in melodische Klangwelten, irgendwo zwischen Wave und Electropop, zu entführen. Ihre erfrischend lockere Art in den Anmoderationen tat das Übrige – spätestens mit dem Cover des PLACEBO-Klassikers „Every You, Every Me“ hatten sie sämtliche Sympathien auf ihrer Seite und wurden nur schweren Herzens und unter tosendem Applaus von der Bühne gelassen.
Auch die für ihre kraftvolle Verbindung von Rock- und Electroelementen bekannten THE BEAUTY OF GEMINA konnten mit ihren Stücken im neuen, akustischen Gewand überraschen. Die ebenfalls aus dem Alpenland angereisten Musiker groovten sich mit zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug durch einen souligen, bluesigen Streifzug (Johnny Cash ließ grüßen!) ihrer mittlerweile sechsjährigen Bandgeschichte und konnten an diesem Abend sicher den ein oder anderen neuen Fan für sich gewinnen.
Emotionaler Höhepunkt des Abends war aber ganz klar der Auftritt von DIARY OF DREAMS. Deren elektronische Klangwelten vorwiegend älterer Songs fanden durch Schlagzeug, Klavier, Akustikgitarre, Akustikbass, Cello, Kontrabass und Adrian Hates‘ unverwechselbaren Gesang ein akustisches Zuhause, wie es Geborgenheit vermittelnder nicht hätte sein können. Ob nun Tanzflächenkracher wie „The Curse“, „Giftraum“, „Chemicals“ oder die vielen, unsagbar traurigen Balladen („Amok“, „Tears of Laughter“, „She and her darkness“, „Immerdar“) – sie alle erstrahlten in völlig neuem Glanz und verzauberten das Publikum. So sehr, dass man von der ersten Sekunde an eine Stecknadel hätte fallen hören können, lauschte doch der gesamte Saal andächtig den getragenen Stücken. Da überrascht es nicht, dass manch einer mit sich und seiner Fassung kämpfte – als dann auch noch Torben Wendt (DIORAMA), Gastpianist auf dieser Tour, beim tieftraurigen „Flood of Tears“ seinen Klavierschemel verließ und stattdessen zum Mikro griff, um Adrian gesanglich zu unterstützen, verloren sich auch die letzten Affektverweigerer vollends und hoffnungslos in der Musik.
Fazit: Ein einmaliges, klanglich kaum zu überbietendes, traumähnliches Konzerterlebnis, das noch lange im Ohr und Gedächtnis bleiben wird.
„Anatomy of Silence“-Tour 2012
Nov 29 Batschkapp, Frankfurt
Nov 30 Club Schulz, Ottweiler
Dez 01 Dynamo, Zürich
Text: Anja Hassel