Das Pfingsttreffen aus Musikersicht

On: 25/05/2013

Es steht außer Frage, das Pfingsttreffen ist ein ganz besonderes Ereignis für alle Beteiligten und es erzählt viele verschiedene Geschichten. Ich möchte heute darüber schreiben, wie sich das Event aus der Sicht eines Musikers anfühlt.

Viele Monate im Voraus…

… steht die große Frage im Raum: Wie kann ich einen Slot auf dem WGT ergattern? Zu welchen Konditionen? Bewerben, verhandeln und: warten, warten, warten.

 

Einige Wochen im Voraus…

… beginnt die eigentliche Vorbereitung. Zunächst einmal die organisatorischen Absprachen. Technische Ausstattung der Bühne, Anlieferwege, Organisation des Merch-Verkaufs… es gibt einiges zu regeln. Und dann beginnt auch der spannendere, künstlerische Part: Die Show vorzubereiten. Die genaue Setlist wird ausgetüftelt und natürlich geprobt, die Übergänge zwischen den Songs festgelegt.

 

Dienstag vor dem WGT - Generalprobe.

Die Vorfreude und die Spannung steigen. Für uns heißt es: Generalprobe. Wir freuen uns natürlich wahnsinnig auf das Konzert, fragen uns jedoch zugleich: Haben wir uns für die richtigen Stücke entschieden? Spielt das Wetter mit?

 

Donnerstag – WGT-Auftakt.

Letzte Vorbereitungen werden getroffen. Merch-Artikel abgezählt, alles zusammengepackt, dass auch bloß nichts vergessen wird. Erneut ein banger Blick auf den Wetterbericht. Kommt das Gewitter nachmittags oder erst abends?

 

Freitag – Konzerttag.

8:00 Uhr: Ich tigere putzmunter durch die Wohnung, gehe noch einmal durch, ob wir auch wirklich nichts vergessen haben und beschäftige mich mit irgendwelchen mehr oder weniger auftrittsbezogenen Tätigkeiten, weil ich mich viel zu sehr auf den Auftritt freue, als dass auch nur annähernd an Ausschlafen zu denken wäre.

10:00 Uhr: Styling-Zeit! Ich verschwinde mit Haarnadeln und Make Up im Bad und tauche dort unter.

11:00 Uhr: Aufbruch. Bandmitglieder einsammeln und in den Proberaum fahren, unser gesammeltes Equipment verladen, einmal mehr Tetris für Fortgeschrittene spielen bei dem Versuch, alles ins Auto zu bekommen.

13:30 Uhr: Wir haben uns irgendwie durch rote Ampeln, Spursperrungen und mit Autos verstopfte Straßen gekämpft und erreichen schließlich die Sixtina. Es folgt Tetris rückwärts: Das gesamte Equipment wieder aus dem Auto und auf die Bühne bekommen. Außerdem der Kriegsrat: Wie puzzeln wir uns am besten auf die Bühne?

14:00 Uhr: Soundcheck. Unerwartete Probleme mit dem Gitarrensound – wir warten, während die Techniker emsig werkeln. Schließlich: Auftrittskleidung angelegt, Syling nachjustiert – und ab auf die Bühne. Wir haben Glück: Der Wettergott ist uns hold und wir spielen bei strahlendem Sonnenschein und vor zahlreichem Publikum.

15:15 Uhr: Konzertbeginn: molllust auf dem WGT. Da ist er wieder, dieser magische Moment. Die Welt scheint sich in diesem Moment zu verwandeln. Greifbare Spannung liegt in der Luft, diese unsichtbare Brücke zwischen Publikum und Band entsteht, alles baut sich zusammen. Die Konzertzeit scheint unendlich lang und kurz zugleich. Jeder Moment ist intensiv, jede Sekunde der Ruhe scheint ewig und gleichzeitig rast die Zeit an einem vorbei. Ich sehe in die Gesichter von Menschen, die genauso im Bann des Augenblicks sind wie ich, sie spornen mich an, wirklich alles zu geben. Ich spüre den Zusammenhalt mit meinen Mitmusikern, es scheint, als würde die Musik von selbst laufen, als müsste ich gar nicht viel dafür tun – es passiert einfach. Diese Momente sind wunderschön und kostbar, ich möchte sie festhalten – und doch sind wir schließlich beim letzten Stück angekommen, verabschieden uns – und die Anspannung fällt komplett von uns ab. Ich spüre, dass es meinen Bandkollegen nicht viel anders ergeht. Hin- und hergerissen dazwischen, in der Erinnerung des gerade erlebten zu schwelgen oder analytisch an der Optimierung der Show zu arbeiten, holt uns ziemlich schnell die Realität ein. Zuhörer, die auf uns zukommen und nach Autogrammen fragen, nette Gespräche mit Fans – und die schnöde Tatsache, dass unser gesamtes Equipment schnellstmöglich wegen des nächsten Acts von der Bühne muss. (Fotos zum Event gibt es hier.)

17:00 Uhr: Wir haben schließlich den Bandbus von seinem abgelegenen Parkplatz wieder vor die Sixtina gefahren und leiten die nächste Tetris-Runde ein. Dieses Mal kommt die besondere Herausforderung hinzu, alles durch das Publikum der nächsten Band balancieren zu müssen. Nicht immer ganz leicht, wenn man sperrige und vor allem schwere Teile der Bühnenausrüstung in den Händen hält und damit natürlich auch niemandem versehentlich blaue Flecke bescheren will.

17:30 Uhr: Der Bus wird nochmal geparkt und inzwischen melden sich auch unsere menschlichen Bedürfnisse wieder. Wir nehmen hungrig das Catering in Anspruch, während wir mit dem einen oder anderen Fan plaudern oder uns etwas ausruhen.

19:00 Uhr: Aufbruch. Der leidige Teil: Die gesammelte Ausrüstung wieder in den Proberaum schaffen. Danach: Sich Ruhe gönnen, die Merchkasse auszählen, ein Lebenszeichen bei Facebook von sich geben, das Konzert noch einmal Revue passieren lassen und: Schlafen. Bis auf unser Gitarrist, der noch eine Generalprobe bestreitet…

 

Samstag – Konzertbesuchtag.

Was habe ich eigentlich den Vormittag gemacht? Keine Ahnung, er war irgendwie plötzlich weg. Ich glaube mein Kopf war noch in der Sixtina, während ich unsere Bandmails beantwortete und schon einmal das Internet befragte, gegen wen wir eigentlich beim M’Era Luna Newcomer Voting antreten. Doch dann ging es wieder auf ins Getümmel: Unser Gitarrist hatte gleich noch einen zweiten Auftritt, weil er bei der mit uns befreundeten Leipziger Band „unloved“ einsprang. Und da hieß es: Daumen halten und sich entspannt etwas zurücklehnen – auch wenn ein Teil mit den Nerven auf der Bühne stand und mitfieberte. Danach hieß das Wochenendprogramm: sich treiben lassen und genießen. Theoretisch. Der Musiker in mir lässt sich eben einfach nicht abstellen. Also wurde der nächsten Leipziger Undergroundband die Daumen gehalten: „Canterra“. Und „Ally the fiddle“ gab es zum Abendausklang. Natürlich endete es darin, dass ich mit unserer Violinistin anfing, über coole Bühnenshowelemente und den Geigensound zu philosophieren, während unser Schlagzeuger wohlwollend die sehr ausgewogene Abnahme des Drumsets kommentierte. So viel zum unbeschwerten Lauschen. Zeitgleich steckten unser Cello und unser Bass im heidnischen Dorf und analysierten den Einsatz von Vibrato auf dem Cello, während sie die Coppelius-Bühnenshow genossen.

 

Sonntag – Ausspannen.

Ja, wir hatten uns tatsächlich einen Tag Ruhe verschrieben. Also genoss ich in Begleitung des Großteils der Band die Sonne und betrachtete das Treiben rund um mich herum. Prompt trafen wir mit „Deadend in Venice“ die nächste Leipziger Band – oder zumindest ein Teil davon. Die lokale Szene ist eben doch ein Dorf. Auf den Bühnen gab es natürlich einmal mehr Musik – und so konnte ich auch meine Ohren nicht abstellen. Ich sah förmlich das schadenfrohe Grinsen meiner Mitmusiker, bevor es mich traf, als ein leicht verstimmter Dudelsack den Soundcheck absolvierte – war doch hinreichend bekannt, dass ich mit der Kombination aus Dudelsack und verstimmt garantiert nicht mehr entspannen konnte. Ich trat die Flucht zur Hauptbühne an und wurde hellhörig: Da waren wirklich starke Instrumentalisten zu hören. E-Gitarristen, E-Bass und Schlagzeug, supersynchron und technisch brillant gespielt – das könnte ein spannendes Konzert werden, der Bandname war mir bisher noch nicht untergekommen. Nun ja… die Freude wehrte, bis der zweistimmige Gesang einsetzte. Der zweistimmig konsequent in unterschiedlicher Ausprägung zu tief war. Meine Mitmusiker schauten ähnlich gequält wie ich mich fühlte und vermutlich auch gerade aus der Wäsche guckte. Schade, die Instrumentalisten waren so cool! So wanderten wir stattdessen zu den vielen Buden und teilten uns kameradschaftlich ein paar Leckereien, mit denen wir gemütlich den Abend ausklingen ließen.

 

Montag – und Ende.

Und dann war es plötzlich auch schon Montag. Das hieß: Kräfte sammeln für die Arbeitswoche, die am nächsten Tag wieder losging – und so allerlei erledigen, was in der Konzertvorbereitung liegen geblieben war. Vor allem war da ja auch noch das M’Era Luna Voting: Wir hatten am Donnerstagabend eine Mail erhalten, dass wir unter den Top5 der Jury und damit im Finale des Newcomer-Contests waren. Und ein Voting gewinnt man bekanntlich nicht, ohne die Fans mobil zu machen, also sollten wir uns zeitnah anfangen darum zu kümmern…

 

WGT, wir hatten eine schöne Zeit! Nächstes Jahr sehen wir uns wieder!

Read 4095 times Last modified on 20/06/2013

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