Das Gothic Pogo Festival & Gedanken zur DIY-Szene

On: 15/06/2012
Vorwort: Dieser Beitrag ist zwar bereits ein Jahr alt, hat aber in Bezug auf des nächste Gothic Pogo Festival nicht an Aktualität verloren. Da für uns das GPF (GPP) eines der wirklichen alternativen Highlights zum WGT darstellt, möchten wir diesen alten Beitrag nochmals auf unserer Startseite veröffentlichen. Er gehört im Übrigen zu den meistgelesenen sP-Veröffentlichungen des letzten Jahres.
 
Unter Undead? Die dunkle Seite der Leipziger Partylandschaft lebt! (Teil 2: Maria Lev) bekommt ihr weiteres Hintergrundwissen über die Organisatorin der GPP/GPF: Maria Lev
Alle Infoarmionen zum diesjährigen GPP Festival findet ihr hier.

Liebe Grüße
Jens

Nunmehr zum Beitrag von 2012
Während das WGT zum Volksfest mutiert, flüchtet sich die Ursprungsszene seit Jahren an den Rand des Geschehens. Dass dieser Rand immer bedeutender wird für die Menschen, die sich mit kommerziellen Rummel noch nie abfinden konnten oder es einfach nicht mehr möchten, erlebt man jedes Jahr von neuem in Leipzig.

Neben der Gothic Pogo Party findet das GP-Festival immer am Pfingstwochenende in der Alten Damenhandschuhfabrik in Leipzig statt. Das nunmehr 10. Festival im Mai war eines der bestbesuchten überhaupt. Fünf Tage Festival mit bezahlbar kalkuliertem Festivalticket oder auch Tageskarten für den Kurzentschlossenen.
Mehr Punk, mehr Spaß, mehr Bier. Authentischer, bunter und ausgelassener. Die do it yourself-Deko ist genauso lustig wie die Gäste. Klar gibt’s hier auch extrem gestylte Menschen, aber die tragen ziemlich wenig von der Stange. Individuell, unangepasst passend und selfmade – denn während sich die Masse des WGT-Publikums über die Klamotte definiert, sind die meisten GPF-Besucher hier lockerer. Vorrangig geht’s um die Veranstaltung, die Musik, das Flair. Themen wie Homophobie oder Genderfragen müssen hier nicht diskutiert oder zum Motto gemacht werden – hier ist die Selbstverwirklichung eine Selbstverständlichkeit. Alt- neben Modepunk, Gothic neben Stino – alle feiern gemeinsam.
Mit internationalen DJs und Bands auf 2 Floors repräsentiert die Gothic Pogo Party im groben Kern die frühere Batcavebewegung. Bei der Band- und Musikauswahl richten die Veranstalter ihre Fühler in die Richtungen Post-Punk, Deathrock, Minimal Wave, New Wave, Sub 80s usw. aus, doch eine strikte Genre-Trennung gibt es nicht, erlaubt ist, was rockt.
Die Bands sind keine Szenestars, hier zählen DIY-Gedanken. Hier tummeln sich (fast) vergessene Kultacts, wie z.B. No More und Geheimtipps und Newcomer wie Lebanon Hanover. Weitere Liveacts zum diesjährigen Festival waren Zombina an the Skeletones, Kombat Katz, In Trance 95, Corps Noir und Linea Aspera.

Wer mal eine Pause nötig hatte, machte es sich auf einem der überweichen Sofas und Sesseln in der Chill-Out-Lounge bequem, besuchte den (teils veganen) Grillstand oder shoppte am Merchandise-Stand. Auch dort ging es selfmade weiter: Bandstuff vom T-Shirt bis zur Kassette, und Schmuck von der Anstecknadel bis zur Corsage – die meisten Sachen sind in liebevoller Handarbeit gefertigt. Und auch hier sieht man wunderbar, dass es noch Menschen gibt, die die Szene und die Musik leben, fernab vom stupiden Mainstream-Konsum.

Man möchte meinen, dass das GPF sich noch nicht von dem sich gerade umtreibenden Sparfimmel der Leipziger beeinflusst sieht. Mag daran liegen, dass hier viele von außerhalb kommen und schätzen, was in dieser tollen Stadt (noch) alles möglich ist. Einfach zu oft musste man in letzter Zeit mitkriegen, dass es viele nicht mehr zu schätzen wissen, was Veranstalter für die Leipziger Partykultur beitragen. Dazu gehört auch die immer wieder neue Suche nach Locations, weil beispielsweise Zwischennutzungsverträge auslaufen oder Sicherheitsstandards nicht bezahlt werden können. Die allgemeine Stimmung tendiert mittlerweile zum kostenlosen Feiern. Doch vergessen dabei viele, was an einer Party oder einem Festival alles dran hängt. Was die Veranstalter leisten und zahlen müssen, dass hunderte von euch ihren (schon) fast kostenfreien Spaß haben.
Es wäre nicht nur schön, sondern für alle Beteiligten auch von Vorteil, wenn eben solche kleineren Veranstalter und Partys wahrgenommen und eben auch mal bezahlt werden – um der Vielfalt willen. Viele von euch kaufen sich schließlich nicht nur ein oder zwei Festivaltickets für den Sommer. Viel Geld fließt in große Events und Szenegrößen. Lasst die Leute nicht hängen, nur weil ihr nicht auf die Location steht oder 8€ statt 5€ Eintritt zahlen müsst, weil ein paar Underground-Bands spielen.

Wir plädieren für mehr individuelle Veranstaltungen, für mehr miteinander und gegenseitige Unterstützung. Leipzig kann das, ihr könnt das!


Am 21.7. findet in Leipzig die kulturpolitische Demonstration „Global Space Odyssey“ statt. Neben den Wagenumzügen und der Kundgebung tagsüber, wird es wieder unzählige Aftershowpartys geben. Die Damenhandschuhfabrik wartet an diesem Abend mit einer Gothic Pogo meets DisTanz-Party auf.

 

Text: Marlen R.

Fotos GPF

Read 5423 times Last modified on 12/05/2013

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