Das Opening bestritt an diesem Abend das Leipziger Electronic/Wave/Progressive-Trio Framheim. Mit melancholisch treibenden und verträumten Stücken sorgten Sängerin Dorain und ihre Jungs im Raum schnell für eine instrumentelle Schwerelosigkeit. Nicht zuletzt die in Silhouetten visualisierten Live-Mitschnitte, die während des Konzerts auf einer Leinwand im Hintergrund flimmerten, verliehen dem kurzweiligen Auftritt einen eigenen Charakter. Eine knappe halbe Stunde entführten die Musiker auf eine kleine Reise durch weniger bekannte, aber durchaus hörbare Songs.
Nach dem anregenden Auftakt stürmten nach einer kurzen Umbaupause die Berliner Musiker von Forced To Mode die Bühne und machten ihrem vorauseilenden Ruf als eine der besten Depeche-Mode-Tribute-Bands alle Ehre. Voller Energie (oder auch wegen der Hummeln im Ar***?) schwang Sänger Christian nicht nur die Locken sondern auch den Mikroständer und stimmte das Publikum auf einen lebhaften Auftritt ein. Ein Klassiker nach dem anderen wurde ins Publikum geschmettert: ob ein poppiges „Walking in My Shoes“, ein ausgelassenes „A Question of Time“ mit stilvoller Bühnenperformance – der Propellerfigur – oder ein gitarrenerfülltes „Personal Jesus“, bei dem selbst das Publikum den Refrain trällerte. Unverkennbar, dass hier eine hüftschwingende Stimmungskanone die Bühne belebte und unüberhörbar, dass die Zuhörer eine Menge Gefallen an den bekannten Cover-Songs fanden.
Mit den Jungs um Camouflage-Sänger Marcus Meyn und deren noch recht frischem Musikprojekt M.I.N.E wurde die Performance anschließend wieder in etwas ruhigere Gewässer gefahren. Mit interessierten Blicken lauschte das Publikum den bisher vor allem in Live-Auftritten dargebotenen Songs, die von Dark Electronic über Wave bis hin zu Pop eine bunte Mischung bereithielten. Stolz präsentierte Frontmann Marcus u.a. die im August aufgenommene, erste Single „Things We´ve Done“. Zur Freude des Publikums wurde nach dem Motto „Das Beste kommt zum Schluss“ mit dem Camouflage-Hit „The Great Commandment“ zum Abschied sogar noch ein Ohrwurm ausgegraben, der die Masse wieder in Schwung brachte und den ein oder anderen mitsingen ließ.
Aller guten Dinge sind… vier. Denn ebenfalls im Bunde war an diesem Abend das Duo von Solar Fake. Schon zu Beginn heizten die Jungs den Saal ein. Vor allem dem knalligen Dance/Electro-Song „Under Control“, aber auch dem gemächlicheren Stück „Here I Stand“ wurde deutliches Tanzpotential bescheinigt, sodass der Aufforderung ans Publikum nach mehr Bewegung nichts im Wege stand. Keyboarder André machte es vor - unbeeindruckt vom glühenden Scheinwerferlicht verausgabte sich das Energiebündel in sportlicher Höchstleistung hinter, vor, neben, über, unter seinem Instrument und dirigierte das Publikum auf charmante Art und Weise mit Hand- und Hörzeichen während Sänger Sven mit ausdrucksstarker Stimme die Lyrics zum Besten gab. Nicht nur vom Klassiker „More Than This“ sondern auch von der ersten Single - „All The Things You Say“ - des im letzten Jahr veröffentlichten Albums ließen sich die Konzertgänger mitreißen. Fast sprachlos wurde daraufhin im Berliner Dialekt ein unverkennbares „Alter Verwalter“ ins Mikro gepustet, bevor für einen kurzen Augenblick der Stille die Augen durch die Halle schweiften. Dass die Jungs nicht nur kraftvoll sondern auch gefühlvoll können, ließ in Anbetracht des bevorstehenden Abends im Gewandhaus große Hoffnung auf einen weiteren grandiosen Auftritt.
Sichtlich gut eingestimmt und warmgetanzt, begrüßte das dunkle Volk schließlich den Headliner des Abends – Peter Heppner. Der Hamburger Songwriter mit der charismatischen Stimme überzeugte wie gewohnt mit packenden Texten aus jahrelangem, musikalischen Schaffen und fesselte damit Jung und Alt. Allerlei Synthpop-Liebhaber entpuppten sich unter den zahlreichen Zuhörern: Ob bei der Singleauskopplung „Alleinesein“, dem ersten Solo-Werk, dass sich mehr als zwei Monate in den Charts hielt, dem nachdenklichen „Das Geht Vorbei“ oder dem Wolfsheim-Refrain „Doch Du Siehst Mich Nicht“. Es wurde mitgesungen, mitgeträumt, mitgewippt. Auch Klassiker aus alten Zeiten, wie „The Sparrows and the Nightingales“, wurden mit ruhiger, aber intensiver Stimme ins Publikum getragen. Der Verzicht auf aufwendige Performance schaffte viele besondere Momente, die Heppners Liedbotschaften immer wieder verstärkten. Ein in Regenbogenfarben gehülltes Lichtmeer zum Titel „Meine Welt“ oder der warme, rote Schein für „Being Me“ verliehen der vertrauten Atmosphäre dennoch zusätzlichen Charme, der durch die Nacht begleitete… Nicht verwunderlich, dass eine Zugabe verlangt wurde, die die Spannung auf den Folgetag nunmehr erst recht ansteigen ließ.
Nach einem gelungenen Opening am ersten Festivaltag, folgte Samstag schließlich das eigentliche Highlight. Im eindrucksvollen Großen Saal des Gewandhauses trafen die Gothic-Stimmen in ihren eigenen Werken an diesem Abend auf ein Instrumentalensemble der klassischen Art, was die Veranstaltung für Musiker und Publikum zu einem unvergesslichen Erlebnis machte.
Gespannt richteten die Zuhörer ihre Blicke auf die orchesterbesetzte Bühne, bevor Forced To Mode als erste Band den Saal betrat. Die noch am Vorabend schwungvolle Bühnenperformance wurde dem Anlass entsprechend gegen ein sanftes Wippen am Mikro ausgetauscht. Mit der Depeche-Mode-Ballade „Sister of Night“ stimmten die Musiker in einen entspannten und genussvollen Abend mit dem Zielona Gora Orchester ein. Nicht weniger emotional war der zweite Song, den Sänger Christian in Unterstützung der zarten Frauenstimme von Christiane „Bobo“ Hebold und dem akustischen Arrangement der Streicher und Bläser zum Besten gab. Wieder zum Leben erweckt wurde u.a. auch die mittlerweile fast 30 Jahre alte Single „Little 15“ und für Überraschung sorgte sicher die gesangliche Darbietung von Keyboarder Thomas, der „One Caress“ aus den 90ern tadellos und mit einer gehörigen Portion Gefühl in der Stimme aufführte. Im abschließenden Klassiker „Enjoy the Silence“ wurde die bis dahin ruhige Atmosphäre dann aber doch noch einmal aufgemischt, um der Energie freien Lauf zu lassen. Auch der Saal ließ sich packen und klatschte eifrig im Takt, bevor die Musiker mit begeisterndem Applaus von der Bühne verabschiedet wurden.
Schon wenig später wurden mit einem ausgiebigen instrumentalen Orchester-Intro Sven Friedrich und André Feller vom Electro-Act Solar Fake auf die Bühne geleitet. Aufgeregt wie Bolle und überwältigt von der Stimmung lieferten sie ihre Werke in erster Sahne mit Orchester-Topping ab. Im Gepäck waren u.a. die Piano-Ballade „Stay“ und die sofort ins Ohr gehende Single „I Don´t Want You In Here“ aus dem aktuellen Album „Another Manic Episode“. Während Keyboarder André seinen Bewegungsdrang selbstbeherrschend in ein Kopfnicken und mitschwingende Arme umleitete, ließ Frontmann Sven in andächtiger Versunkenheit die Gedanken und Emotionen schweifen. In Begleitung von seinen Zeraphine-Musikerkollegen wurden auch deutsche Lyrics - wie das sonst aus rockigerem Terrain stammende Werk „Die Wirklichkeit“ - mit sinfonischen Klängen untermalt. Passend zum letzten Song vor der Pause, beendete die Berliner Schnauze schließlich den Auftritt mit den Zeilen „And I’ll shine so bright for you | for a last time tonight”, bevor auch hier das Publikum in Hochachtung vor der musikalischen Leistung in Beifall ausbrach.
Nach einer kurzen Verschnaufpause für die Orchester-Mitglieder spazierte unter tobendem Jubel schließlich Peter Heppner in anmutiger Gelassenheit vor sein Mikro. Ohne großes Brimborium überzeugte er vom ersten Song an mit seiner charismatischen und oft melancholisch wirkenden Stimme. Neben „Meine Welt“, „Once in a Lifetime“, „Kein Zurück” u.v.m. fehlte wohl kaum ein deutsch- oder englischsprachiger Klassiker aus der Wolfsheim und Solokünstler-Ära. Als hätte er nie etwas anderes gemacht, harmonierte er mit dem Orchester und sorgte mit seinen tiefgreifenden Werken für pure Gänsehaut-Stimmung. Auch Stücke aus der Zeit als Gastmusiker, wie „I Feel You“ in Zusammenarbeit mit Schiller, wurden ins Repertoire des Abends aufgenommen und zogen das Publikum in den Bann. Nicht fehlen durfte außerdem seine wohl erfolgreichste Kooperation „Die Flut“, die von Joachim Witt initiiert wurde und für einen weiteren bewegenden Auftritt sorgte. In voller Konzentration auf die musikalische Gesamtwirkung zwischen emotionaler Stimme und klangvollem Ensemble im Rücken, bestritt Heppner in gewohnter Pose vor dem Textbuch den atemberaubenden Abend. Mit den Worten „So schnell werdet ihr mich doch nicht los“ sprach er einen Dank an alle Beteiligten aus und rief in einer Zugabe erneut die Botschaft „Wir sind Wir“ in Erinnerung. Unter tosendem Jubel würdigten die Zuhörer im Saal den außerordentlichen Auftritt und verliehen ihrer Begeisterung mit Standing Ovations Ausdruck.
Ein Rundum-Glücklich-Paket an zwei aufeinanderfolgenden Tagen – erstklassige Auftritte mit allerlei Herzblut. So manch Musiker-Kindheitstraum dürfte in Erfüllung gegangen sein. Vielen Dank an die Bands, Steven Dornbusch, den Veranstalter Mawi Concert GmbH und alle anderen, die dieses Wochenende so einzigartig gemacht haben! //Text: Maria K.